EuGH-Generalanwalt Emiliou hat kürzlich dem Europäischen Gerichtshof empfohlen, die Richtlinie 2022/2041 über angemessene Mindestlöhne in der EU vollständig für nichtig zu erklären.
Die Mindestlohnrichtlinie wurde im Oktober 2022 verabschiedet. In dem Gutachten des Generalanwalts werden Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der Regelung aufgezeigt. Es heißt, so der Schlussantrag vom 14. Januar 2025, dass nach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 2 EUV) die EU nur dann Rechtsakte erlassen darf, wenn sie von den Mitgliedstaaten in den EU-Verträgen dazu ermächtigt wurde.
Für den Bereich der Arbeitsbedingungen ergibt sich die Ermächtigung aus Art. 135 Abs. 1 lit. b. i.V.m. Abs. 2 lit. b AEUV. Das Arbeitsentgelt ist jedoch nach Art. 153 Abs. 5 AEUV davon ausgenommen.
Zwar wird seitens der Kommission, dem Parlament und dem Rat dagegen argumentiert, die Richtlinie regele ja nicht das Arbeitsentgelt an sich, sondern lediglich Mindestvorschriften für das Verfahren zur Bestimmung des Mindestlohns in den Mitgliedstaaten.
🇩🇰 Angestoßen wurde das Verfahren von Dänemark. Unabhängig von dem zu erwartenden Ausgang des Verfahrens muss das Gutachten schon jetzt aber als Wendepunkt verstanden werden. Derzeit liegt der Mindestlohn bei 12,82 € und zwar seit dem 01.01.2025.
Was bedeutet es nun für das Arbeitsrecht oder das Strafrecht?
Bei dem Vorwurf der Mindestlohnunterschreitung muss kritisch hinterfragt werden, ob der Mindestlohn Anwendung finden kann, wenn die Richtlinie endgültig kippt.
Dies hat jedenfalls Auswirkungen auf strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Vorwürfe sowie auf Lohnnachforderungen und Nachforderungen der Deutschen Rentenversicherung.