Die kürzlich veröffentlichte Ausgabe des Bundeslagebildes Wirtschaftskriminalität 2024 bringt eine Entwicklung erneut in den Fokus, die sich bereits in den Vorjahren abgezeichnet hatte: Insolvenzdelikte nehmen weiterhin deutlich zu. Zwischen 2022 und 2024 ist ein Anstieg dieser Delikte um rund 20 % zu verzeichnen – eine Entwicklung, die in ihrer Dynamik nicht überrascht, in ihrer Tragweite jedoch alarmiert.

Die Ursachen für den aktuellen Anstieg sind vielschichtig. Seit dem Wegfall pandemiebedingter Staatshilfen, verstärkt durch die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs, hat sich das ökonomische Umfeld für viele Unternehmen erheblich verschlechtert. Eine Kombination aus inflationsbedingten Kostensteigerungen, gestörten Lieferketten, rückläufiger Nachfrage und konjunktureller Stagnation in Deutschland führt dazu, dass immer mehr Betriebe in eine (existenzielle) Schieflage geraten. Damit geht zum einen die Zunahme der Unternehmensinsolvenzen einher. Zum anderen aber aufgrund der sehr rigorosen Einleitungstendenzen der Staatsanwaltschaft auch die Zahl der Strafverfahren.

Das Bundeslagebild 2024 liefert insgesamt deutlich mehr als nur eine statistische Momentaufnahme. Es dokumentiert einen klaren Trend, der keine Anstalten macht, sich zu reduzieren. Oder gar auch nur anzuhalten. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleiben volatil, die Zahl der Insolvenzen hoch – und mit ihr eben auch das Risiko insolvenzbedingter Straftaten.

Für die Strafverfolgungsbehörden bedeutet dies eine zunehmende Belastung. Die Ermittlungen in Insolvenzstrafsachen sind erfahrungsgemäß komplex, aufwendig und ressourcenintensiv. Sie erfordern nicht nur ein tiefes Verständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge, sondern auch die Fähigkeit, sich in umfangreiche Buchhaltungsunterlagen, Unternehmensstrukturen und Vermögensflüsse einzuarbeiten. Gleichzeitig steigt der Druck, auch in quantitativer Hinsicht mit der wachsenden Fallzahl Schritt zu halten. In vielen Behörden stößt man dabei bereits an Kapazitätsgrenzen.

Für spezialisierte Kanzleien im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts ergeben sich daraus neue Anforderungen – aber auch klare Chancen. Die wachsende Zahl an Insolvenzen führt zu einer gestiegenen Sensibilität für mögliche strafrechtliche Risiken im Unternehmenskontext. Geschäftsführer, Vorstände und Unternehmer suchen frühzeitiger rechtlichen Beistand – nicht erst dann, wenn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Es geht vermehrt darum, Risiken zu erkennen, zu steuern und durch präventive Maßnahmen – etwa durch Compliance-Programme oder eine sorgfältige Dokumentation der Unternehmenslage – rechtliche Angriffsflächen zu minimieren. Denn bereits ein Ermittlungsverfahren mit oftmals sehr publizitätswirksamer Durchsuchung am Ort des Unternehmens oder schriftliche Anfragen bei Geschäftspartnern auf dem Briefbogen der Staatsanwaltschaft kann existenzbedrohende Folgen haben.