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Scheinselbstständigkeit – und täglich grüßt das Murmeltier

BGH Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 5 StR 275/18
Wer sich mit der Strafbarkeit nach § 266a StGB beschäftigt, weiß, dass ein Brandthema ist, ob eine selbstständige Beschäftigung oder aber Arbeitnehmereigenschaft vorliegt. Die Fragestellung betrifft nahezu alle Branchen und ist ein leidiges Thema. Ob man sich nun mit dem Baugewerbe beschäftigt, mit dem Reinigungsgewerbe oder mit Messetätigkeiten, immer wieder greifen die Hauptzollämter oder die deutschen Rentenversicherungen die Thematik auf. Die Ermittlungsbehörden kommen zu hohen Verfallsanordnungen oder Geldbußen, die Unternehmen bis an die Grenze der Insolvenz bringen können. Die Frage, ob eine selbstständige Beschäftigung vorliegt oder nicht, muss daher Dreh-und Angelpunkt sein. Es wird mit harten Bandagen gekämpft. Der BGH hat sich in seinem Beschluss vom 13.  Dezember 2018 - 5 StR 275/18 erneut mit dieser Frage auseinandergesetzt. Hintergrund war hier folgender:

Der Angeklagte war Geschäftsführer einer GmbH, die u.a. Personal für Bühnenaufbau, Licht- und Tontechnik für Veranstaltungen bereitstellte, indem jeweils nach Auftragseingang ein Arbeitsteam aus „arbeitswilligen Personen“ zusammengestellt wurde. Diese wurden als Selbstständige behandelt, Sozialabgaben wurden in Konsequenz dessen nicht abgeführt. Der Angeklagte wurde wegen der Verletzung von § 266a Abs. 1 und Abs. 2 StGB verurteilt. Der BGH hielt die Verurteilung.

Der BGH stellte fest, dass die Frage der abhängigen Beschäftigung / Selbstständigkeit nach § 7 Abs. 1 SGB IV zu beantworten ist. Nach sozialgerichtlicher Rechtsprechung setzt ein Angestelltenverhältnis eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber voraus. Wesentliches Kriterium ist, dass der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dem Weisungsrecht des Arbeitsgebers unterliegt. Dabei kommt es nicht auf die vertragliche Konzeption an, sondern auf die ganz konkrete Gestaltung im Einzelfall und die sich daraus ergebende Ausprägung der Arbeitsleistung.

Im vorliegenden Fall sprach aus den Umständen viel für eine nichtselbstständige Tätigkeit. Die Arbeitskräfte waren weisungsgebunden und mussten sich in eine fremdbestimmten Arbeitsorganisation einfügen. Sie waren zur Leistung höchstpersönlich verpflichtet und wurden nach festen, nicht verhandelbaren Stundensätzen bezahlt. Die gearbeiteten Stunden trugen sie Formulare ein, die ihnen der Angeklagte zur Verfügung stellte. Außerdem trugen die Arbeiter kein Unternehmerrisiko, was ein maßgebliches Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit ist. Zur Tätigkeit für mehrere Auftraggeber stellt der BGH außerdem fest:

<italic>„Dass die Arbeiter im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber tätig waren, ist ohne Bedeutung für ihre Eingliederung in den Betrieb der Klägerin während des jeweiligen Arbeitseinsatzes und mithin kein entscheidendes Kriterium für eine selbständige Tätigkeit […]. Dies gilt – wie die Wirtschaftsstrafkammer zu Recht annimmt – auch für diejenigen Personen, bei denen die Tätigkeit für den Angeklagten nur einen relativ geringen Anteil ihrer Gesamteinnahmen ausmachte. Die Tätigkeit nur für einen Auftraggeber spricht zwar für eine abhängige Beschäftigung; der Umkehrschluss, dass eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber einem Beschäftigungsverhältnis entgegenstehe, ist aber nicht zulässig […]. Auch ein abhängig Beschäftigter kann bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt sein.“</italic>

Damit wird nun (nochmals) klargestellt, dass das Kriterium, für mehrere Auftraggeber tätig zu sein, zwar zulässig ist, aber auch einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis jedenfalls nicht entgegenstehen muss.